Was tun bei starker Parodontose?

28. September 2021
Parodontologie

Was tun bei starker Parodontose?


Welcher Zahnersatz ist die beste Lösung bei starker Parodontose?

Fester oder herausnehmbarer Zahnersatz – welcher ist am besten für mich geeignet?

Parodontose ist eine echte Volkskrankheit und bei Menschen über 40 Jahren die häufigste Ursache für Zahnverlust. Da Parodontitis, die Erkrankung des Zahnbetts, vermeintlich harmlos und schmerzfrei mit einer Gingivitis (Zahnfleischentzündung) beginnt, wird sie von den Patienten und Patientinnen häufig unterschätzt. Eine nicht behandelte Zahnfleischentzündung breitet sich aus und kann den Kieferknochen angreifen, was zu vertikalem und horizontalem Knochenabbau führen kann.

Dies bedeutet: Durch den Knochenabbau verlieren gesunde Zähne ihren festen Halt. Sie lockern sich und lösen sich aus dem Zahnhalteapparat, was bis zum kompletten Zahnverlust in Ober- und Unterkiefer führen kann. Häufig ist mangelnde Mundhygiene für die Entwicklung der bakteriellen Zahnbetterkrankung verantwortlich. Weitere Risikofaktoren sind u. a. Rauchen, genetische Faktoren, Hormonveränderungen in der Schwangerschaft und Stoffwechselerkrankungen wie z. B. Diabetes mellitus. Parodontose hat darüber hinaus einen negativen Einfluss auf die Allgemeingesundheit.

Parodontose ist eine echte Volkskrankheit - Was tun bei starker Parodontose?
Parodontose ist eine echte Volkskrankheit - Was tun bei starker Parodontose?
Bildquelle: ©GZFA
 

In der Parodontologie unterscheidet man zwischen leichter, mittlerer und schwerer Parodontitis.
Die regelmäßigen Kontrolltermine beim Zahnarzt helfen, bereits erste Anzeichen einer krankhaften Veränderung des Zahnfleisches zu erkennen. Sofern dies versäumt wurde und die Parodontitis schon fortgeschritten ist, sollte zunächst alles dafür getan werden, um die Entzündung einzudämmen. Eventuell muss sogar entzündetes Gewebe entfernt werden. Die Heilungsphase kann sich über einen sehr langen Zeitraum hinziehen, wobei der Zahnerhalt oberste Priorität hat und ein erfahrener Zahnarzt in einer Praxis für Parodontologie auch eine langfristige Risikoabschätzung mit in die Überlegungen einbezieht.

Hierfür wird vom Zahnarzt oder der Zahnärztin eine Parodontitis-Therapie durchgeführt, die das Ziel hat, alle bakteriellen Beläge an Zähnen über und unter dem Zahnfleischrand zu entfernen, um die eigenen Zähne zu retten. Oft haben sich empfindliche freiliegende Zahnhälse und tiefe Zahnfleischtaschen gebildet, die bis in die Wurzelregion reichen, was einen wahren Tummelplatz für Bakterien darstellt. Alle Bereiche müssen von aggressiven bakteriellen Belägen befreit werden. Die parodontologische Behandlung erfolgt unter lokaler Anästhesie. Eventuell wird zusätzlich ein Antibiotikum verschrieben.

Die Parodontose-Behandlung wird im Normalfall von den gesetzlichen Krankenkassen nach Antragstellung des Behandlers übernommen.
 

Der richtige Zeitpunkt für neuen Zahnersatz bei Parodontose

Aus zahnmedizinischer Sicht sollte nach einem Zahnverlust durch Parodontose möglichst zügig eine Versorgungslösung mit Zahnersatz angestrebt werden, denn die natürliche Knochenbelastung durch den Kauvorgang wirkt einem weiteren Knochenschwund entgegen. Die Kieferknochen werden durch die Druck- und Zugkräfte gestärkt, die Durchblutung wird angeregt.

Aus Sicht der Patienten spielen Ästhetik, Funktionalität und Phonetik ebenfalls eine große Rolle nach einem Zahnverlust. Hierbei handelt es sich um Faktoren, die sich auch stark auf die Lebensqualität auswirken. Deshalb wünschen sich Betroffene ebenfalls eine schnelle Lösung.

Vor dem Einsetzen eines Zahnimplantats oder einer festen Brückenlösung ist es jedoch wichtig, die Parodontose therapiert oder zumindest minimiert zu haben. Das Zahnfleisch sollte gesund und entzündungsfrei sein. Ein zu frühes Einsetzen von Implantaten vor einer Ausheilung kann zu unschönen Übergängen mit schwarzen Rändern zwischen Zahnersatz und Zahnhals führen.

Darüber hinaus erhöht sich das Risiko für Periimplantitis rund um das Zahnimplantat um das fünf- bis siebenfache, wenn das Zahnfleisch noch nicht entzündungsfrei ist.
 

Welcher Zahnersatz kommt bei schwerer Parodontose in Frage?

Grundsätzlich lässt sich die Frage nicht allgemeingültig beantworten, da jeder Patient bzw. jede Patientin andere gesundheitliche Voraussetzungen und individuelles Engagement zur akribischen Mundhygiene mitbringt. Dazu gehören auch die Bereitschaft für sehr regelmäßige Kontrolltermine und die Durchführung von Professionellen Zahnreinigungen als prophylaktische Maßnahme in der Zahnarztpraxis.

Hinzu kommen unterschiedliche Ansprüche an Funktion und Ästhetik und die Frage des Budgets. Die gesetzliche Krankenkasse übernimmt die Kosten für die Regelversorgung, die eine Minimallösung darstellt. Wer als Kassenpatient eine höherwertigere Versorgung wünscht, muss hierfür – bis auf den Festzuschuss gesetzlicher Krankenkassen - selbst aufkommen. Wer sich vor hohen Eigenbeteiligungen bei hochwertigem Zahnersatz schützen möchte, sollte sich rechtzeitig vor Diagnose bzw. einer Behandlung über den Abschluss einer Zahnzusatzversicherung Gedanken machen und sich über die in Frage kommenden Tarife beraten lassen.

Sollten aufgrund schwerer Parodontose Zähne verloren gegangen oder gezogen worden sein, weil diese nicht mehr erhaltungswürdig waren, so berät der behandelnde Zahnarzt oder Parodontologe individuell nach eingehender Diagnostik, welcher Zahnersatz empfehlenswert ist. Der Zahnstatus, Knochenvolumen und Knochendichte sind ausschlaggebend für die weitere Therapie.
 

Leichte bis mittelschwere Parodontose

Sind die noch vorhandenen Zähne nur minimal gelockert und der Kieferknochen nur leicht geschädigt, so kommen festsitzende Brücken oder Implantate zum Lückenschluss in Frage. Hat sich der Knochen bereits etwas zurückgebildet, so sind möglicherweise Implantate die sinnvollste Lösung.

Eine feste Brückenlösung empfiehlt sich nicht, wenn der Knochen bereits mittelschwer geschädigt ist. Die Brücke müsste an Pfeilerzähnen befestigt werden. Wenn diese jedoch aufgrund der Prognose des Parodontologen nicht mehr dauerhaft belastbar sind, ist der Behandlungserfolg gefährdet. Außerdem müssen die Pfeilerzähne beschliffen werden, wobei gesunde Zahnsubstanz verloren geht.

Möglicherweise schlägt der Behandler das Einsetzen eines Implantats vor, wobei eventuell ein Knochenaufbau (auch Augmentation genannt) vor dem Implantieren notwendig wird, was jedoch zeitintensiver ist und sich über mehrere Monate hinziehen kann.
 

Erheblich geschädigtes Gebiss durch schwere Parodontose

Herausnehmbarer Zahnersatz als Zahnprothese – im Volksmund auch dritte Zähne genannt - ist bei einem durch Zahnfleischentzündung schwer geschädigtem Gebiss häufig die praktikabelste Lösung. Hier gibt es diverse Ausführungen z. B. mit Gaumenplatten aus Kunststoff oder mit Metallklammern, was jedoch für Allergiker ungünstig ist. Diese Versorgung hat außerdem den Nachteil, dass der Kieferknochen sich weiter zurückbildet. Darüber hinaus leiden viele Patienten und Patientinnen unter einer herausnehmbaren Voll- oder Teilprothese, denn sie erfahren funktionelle und ästhetische Einschränkungen und empfinden dies als erheblichen Verlust von Lebensqualität.

Alternativ – je nach Zahnstatus – kommt auch eine Kombination aus einer festsitzenden Brücke und natürlichen Zähnen in Betracht. Eventuell werden Brücken auf sogenannten Teleskop-Prothesen befestigt, die im Kiefer verankert sind und zur Reinigung herausgenommen werden können.
 

Komplette Zahnlosigkeit des Unter- und/oder Oberkiefers

Sofern aufgrund starker Parodontose keine eigenen Zähne mehr vorhanden sind oder sich im Laufe der Parodontose-Therapie herausstellt, dass die Restbezahnung nicht mehr erhaltenswert ist, muss ein komplett zahnloser Ober- und/oder Unterkiefer versorgt werden. Dies kann mit einer Vollprothese erfolgen, allerdings bietet das sehr innovative All-on-4® Behandlungskonzept eine ästhetisch und funktionell perfekte Alternative hierzu.

Das von dem Schweizer Unternehmen Nobel Biocare entwickelte All-on-4® Behandlungskonzept basiert darauf, dass vier Implantate pro Kiefer in einem bestimmten Winkel eingesetzt werden. Dies ist selbst bei einem relativ geringen Kieferknochenangebot möglich, wie dies häufig nach schwerer Parodontose der Fall ist. Auf den künstlichen Zahnwurzeln wird festsitzender Zahnersatz als Brücke verschraubt.

Einzigartig an der All-on-4® Methode ist die sofortige Belastbarkeit der zunächst provisorischen Zähne, die innerhalb von wenigen Tagen durch die endgültigen Zähne ersetzt werden. Der chirurgische Eingriff wird von zertifizierten Zahn- oder Fachzahnärzten oder in einem zertifizierten All-on-4® Excellence Center unter Einhaltung höchster Qualitätsstandards durchgeführt.

Das All-on-4® Behandlungskonzept bei kompletter Zahnlosigkeit im Oberkiefer nach schwerer Parodontose.
Das All-on-4® Behandlungskonzept bei kompletter Zahnlosigkeit im Oberkiefer nach schwerer Parodontose.
Bildquelle: ©GZFA
 

Rote Ästhetik nach schwerer Parodontose

Verloren gegangenes Zahnfleisch wächst auch nach Ausheilung der Parodontose von allein nicht wieder nach. Die moderne Zahnheilkunde hat jedoch Möglichkeiten entwickelt, Zahnfleisch zu transplantieren oder die Geweberegeneration anzuregen. Damit wird verloren gegangenes Zahnfleisch ersetzt und die rote Ästhetik wiederhergestellt. Hierfür kommt auch das Verfahren der Guided Tissue Regeneration (GTR) zur Anwendung, bei welchem die Neubildung des zerstörten parodontalen Gewebes – darunter das Zahnfleisch – gefördert wird.
 

Langfristiger Schutz für den neuen Zahnersatz nach einer Parodontose

Das Beste, was man für den Schutz der Zähne und des Zahnersatzes tun kann, ist eine sehr gründliche Mundhygiene. Mindestens zwei Mal am Tag Zähneputzen und die Verwendung von Zahnseide und Interdentalbürstchen sollten zur Routine gehören. Genauso wichtig sind die Einhaltung von Kontrollterminen in der Zahnarztpraxis und die regelmäßige Durchführung einer Professionellen Zahnreinigung zwei bis drei Mal im Jahr. Und wehret den Anfängen: Sofern irgendwelche Veränderungen oder Zahnfleischbluten bemerkt werden, am besten sofort einen Zahnarzttermin vereinbaren.


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