Reichen auch die einfühlsamste Beratung, hilfreiche Tipps und Empfehlungen nicht aus, um die Zahnarztangst eines Patienten zu nehmen, muss die Behandlung von Angstpatienten mit besonderen Methoden vorgenommen werden, um eine notwendige Zahnbehandlung zu ermöglichen.
Die meisten dieser sehr ängstlichen Patienten suchen die Zahnarztpraxis mit dem Wunsch auf, unter Narkose behandelt zu werden. Nicht immer lässt sich diese Behandlung in Allgemeinanästhesie (Narkose) umgehen. Dennoch werden auch andere Methoden diskutiert, die zur Behandlung von Patienten mit einer Zahnbehandlungsphobie alternativ eingesetzt werden können.
Die Behandlung krankhaft ängstlicher Patienten - Behandlungsmethoden bei Angstpatienten.
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Da nicht alle Methoden gleichermaßen dazu geeignet sind, bietet sich folgende Einteilung an:
Trotz der Möglichkeit der Schmerzausschaltung durch die örtliche Betäubung ist es bei Patienten mit einer Angsterkrankung meistens nicht möglich, einen Notfalleingriff ohne ergänzende Maßnahmen durchzuführen. Abgesehen davon können durch den Stress, den der Patient während der Behandlung empfindet Komplikationen auftreten, die durch das Verfahren der Prämedikation vermieden werden sollen.
Unter Prämedikation versteht man jegliche medikamentöse, meistens ambulante Vorbehandlung, die geeignet ist, Angst und Erregung zu reduzieren, die Schmerzschwelle heraufzusetzen und vegetative Funktionen zu dämpfen. Als Applikationsart steht die orale Gabe im Vordergrund. Dabei ist die Sedierung (Beruhigung), beispielsweise durch die Einnahme von Benzodiazepinen, ein mögliches Ziel. Auch die Nachbehandlung zur Schmerzlinderung durch die Einnahme eines Schmerzmittels stellt eine mögliche Form der Prämedikation dar. Die eigentliche Behandlung kann sowohl unter Narkose als auch mit örtlicher Betäubung durchgeführt werden.
Mit Anfang der siebziger Jahre konnte erst durch zunehmende Fallberichte, dann durch kontrollierte Studien nachgewiesen werden, dass die Anwendung einer verhaltenstherapeutischen Behandlung zu einem andauernden Abbau der Zahnbehandlungsangst führen kann.
Im Folgenden soll ein kurzer Überblick über die wichtigsten psychotherapeutischen Interventionen gegeben werden. Fast allen Methoden liegen folgende Prinzipien zu Grunde oder sie stellen Kombinationen dieser dar:
Konfrontationsverfahren
Der Patient lernt angstlindernde Bewältigungsstrategien, die er einsetzen kann, sobald erste Anzeichen der Angst auftreten, um sie so unter Kontrolle zu bringen
(Stressmanagementtraining). Er lernt durch die Behandlung, dass seine Angststörung auf irrationalen und angstfördernden Vorstellungen und Gedanken beruht.
Diesem Verfahren lag primär die Überlegung zu Grunde, dass die Angst, die durch Konditionierung entstanden ist, durch Gegenkonditionierung, ein Begriff der 1952 von Guthurie geprägt wurde, auch wieder zu lösen ist. Als Gegenkonditionierungsreaktion wurden häufig Entspannungsverfahren nach Jacobson eingesetzt. Die ursprüngliche Variante wurde im Laufe der Zeit deutlich gekürzt. Progressiv (schrittweise) werden bei diesem Verfahren zunächst einzelne Muskelgruppen für ca. 10 Sekunden angespannt, um sie dann für 30 Sekunden zu entspannen. Wenn die Technik beherrscht wird, kann der Patient ganze Extremitäten und damit mehrere Muskelgruppen zusammen anspannen und entspannen. Die klassische Desensibilisierung lässt sich am besten mit der Fallstudie von Gale und Ayer (1969) erläutern, die die Desensibilisierung eines 32-jährigen Patienten beschreibt, der 25 Jahre lang von verschiedenen Zahnärzten nur unter Narkose behandelt werden konnte. In der ersten von neun einstündigen Sitzungen erlernte der Patient sich körperlich und geistig zu entspannen. Gemeinsam stellten Therapeut und Patient eine Hierarchie der zahnärztlich angstauslösenden Reize auf. In der folgenden Sitzung musste sich der Patient die angstauslösenden Reize in einem Zustand völliger Entspannung vorstellen, wobei die Intensität der Reize schrittweise zunahm. Sobald der Therapeut die ersten Angstsymptome verzeichnete, wurde der Patient aufgefordert, sich zu entspannen. Dieses Vorgehen wurde so lange angewendet, bis bei dem entsprechenden Stimulus keine Angstreaktion mehr zu konstatieren war. Nun wurde der nächste, ranghöhere Reiz in der Angsthierarchie vorgegeben, bis auch hier keine Angst mehr erzeugt wurde. Durch die Verbindung zwischen dem angstauslösenden Stimulus und der Entspannung (Gegenkonditionierung) verlor der Reiz seine angsterregende Wirkung. Dieser Ablauf wurde so lange fortgesetzt, bis sich der Patient alle Reize der Hierarchie vorstellen konnte, ohne von dem Gefühl der Angst eingenommen zu werden.
Modelllernen
Ebenso wie Phobien durch die Beobachtung einer angstvollen Reaktion bei einer Bezugsperson entstehen können, können sie auch durch Lernen am Modell abgebaut werden. Dabei demonstriert ein Modell den angstfreien Umgang mit der phobischen Situation. In einer ersten Untersuchung beobachteten Kinder mit einer Hundephobie ein anderes Kind, das freundlich mit dem Hund umging, ihn streichelte und mit ihm spielte. Verglichen mit den Kindern, die nur mit dem Hund konfrontiert wurden (Habituationstraining), zeigten die Kinder, die ein Modell beobachteten, einen stärkeren Angstabbau, vor allem, wenn sie aufgefordert wurden, sich an dem Streicheln des Hundes zu beteiligen. Auch die Zahnbehandlungsangst kann durch Lernen am Modell abgebaut werden, wobei das Modell real oder auch bildlich dargeboten werden kann. Untersuchungen belegen, dass Kinder, die einen Modellfilm gesehen hatten, in dem eine unbeschwerte Zahnbehandlung eines gleichaltrigen Kindes demonstriert wurde, während der eigenen Behandlung weniger Angst zeigten als Kinder einer Kontrollgruppe, die einen Prophylaxefilm gesehen hatten.
Stressmanagementtraining
Suinn und Richardson propagierten 1971 eine Methode, bei der eine erlernte Entspannung von den Probanden eingesetzt wird, sobald sie selbst Anzeichen ihrer Angst verspüren. Sie bezeichneten das Vorgehen als Angstbewältigungstraining, doch wurde es später auch als angewandte Entspannung bekannt und mit einer Erweiterung, die den Umgang mit angstvollen Gedanken einbezieht, als Stressmanagementtraining bezeichnet. Den Patienten werden Bewältigungsstrategien vermittelt, mit denen sie einerseits ihre körperlichen Angstsymptome und andererseits auch unangemessene, angstfördernde Gedanken unter Kontrolle bringen können. Diese Behandlung soll es den Patienten im Alltag ermöglichen, in angstauslösenden Situationen mehr und mehr ihre Angst zu beherrschen. Dieses Verfahren wurde vor allem zur Behandlung von generalisierten Angststörungen entwickelt und zeigte sich hier besonders erfolgreich. Erfolge konnten aber auch bei der Behandlung von spezifischen Ängsten, wie z. B. Examensängsten nachgewiesen werden. Darüber hinaus wird dieses Verfahren auch zur Behandlung von chronischen Schmerzzuständen eingesetzt. Neben dem Beherrschen der Entspannungstechnik werden die Patienten angeleitet, erste Anzeichen ihrer Angst zu erkennen. Ein weiterer Schlüssel zum Erfolg dieses Verfahrens ist die Überzeugung des Patienten, dass er mit dieser Methode aktiv angstauslösende und schmerzbesetzte Situationen meistern kann.
Die klassischen verhaltenstherapeutischen Verfahren wurden zunehmend um Methoden erweitert, die auch die irrationalen Gedanken der Phobiker verändern sollten, um ihren angstverstärkenden Einfluss zu unterbinden. Kognitive Ansätze, die vor allem bei anderen Angststörungen, wie der generalisierten Angststörung und bei Panikattacken, zu guten Ergebnissen geführt haben, können auch bei Phobien eine Alternative darstellen. Unter dem Einfluss des Stimulus neigen phobische Patienten dazu zu katastrophisieren, d. h. über die möglich schlimmsten Konsequenzen der Behandlung nachzudenken und sich in die Situation hineinzusteigern. Gleichzeitig kommt es zu einer Steigerung der physiologischen Reaktionen, die, wenn der Betroffene dieses bemerkt, wiederum zu Verstärkung des Angstgefühls führen. So wird ein Teufelskreis in Gang gesetzt. Kognitive Ansätze versuchen, irrationale Haltungen und Überzeugungen aufzudecken und zu entkräften. Die Patienten sollen lernen, ihre irrationale Einstellung zu dem angstauslösenden Ereignis zu ändern.
Dabei werden Patienten nach und nach mit den phobischen Reizen wie Warteraum, Zahnbehandlungssessel und -besteck konfrontiert. Dabei spielt es keine Rolle, ob die darbietenden Reize über Video oder real während einer Behandlung vorgenommen werden. Es zeigte sich bei beiden Arten der Desensibilisierung, dass innerhalb eines Jahres 93% der Zahnbehandlungsphobiker weitere Termine vereinbarten.
Lokalanästhesie
Zur Schmerzausschaltung in der Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde steht die Lokalanästhesie (örtliche Betäubung) im Vordergrund. Die Einführung der Lokalanästhetika hat den Berufsstand des Zahnreißers früherer Jahrhunderte entscheidend beeinflusst und ihm einen Großteil seines Schreckens genommen.
Empfehlung: Bei normal ängstlichen Patienten wird in der Regel eine örtliche Betäubung für alle zahnärztlichen Eingriffe ausreichend sein. Vor allem bei hoch ängstlichen Patienten, Spritzenphobikern und bei Kindern ist vor der Spritze die oberflächliche Betäubung der Einstichregion mit einem Oberflächenanästhetikum hilfreich. Zu diesem Zweck können spezielle Salben in verschiedenen Geschmacksrichtungen verwendet werden. Aber auch flüssige Betäubungssprays sind sinnvoll. Vor der Spritze sollte mindestens 1 Minute gewartet werden. Bei ängstlichen Patienten sollte man generell auf die herkömmlichen Metallspritzen verzichten.
Allgemeinanästhesie (Narkose)
Die meisten Patienten mit einer Angsterkrankung, die sich zu einer zahnärztlichen Therapie entschließen, fordern eine Behandlung unter Narkose. Die Patienten versprechen sich von diesem Vorgehen, "einfach einschlafen zu können" und mit einem vollständig sanierten Gebiss wieder aufzuwachen. Nach verschiedenen Studien ist davon auszugehen, dass die Patienten nach einer Behandlung unter Narkose wieder genauso ängstlich sind, wie vorher. Dennoch lassen sich einige Angstpatienten nicht von dem Wunsch einer Behandlung unter Narkose abbringen.
Nach Abschluss der Behandlung unter Narkose gilt grundsätzlich, dass ein Patient bis zur Heimkehr und auch dort nicht allein gelassen werden darf. In der Regel kann er aber in einem geeigneten Aufwachbereich von medizinisch nicht ausgebildeten Personen betreut werden. Der Patient darf erst dann entlassen werden, wenn keine vitale Gefährdung mehr besteht.
Transkutane elektrische Nervenstimulation (TENS)
Die transkutane elektrische Nervenstimulation stellt eine Methode dar, die Schmerzempfindung zu beeinflussen. Die elektrische Stimulation erfolgt hierbei unspezifisch mittels zweier oder mehrerer Plattenelektroden, die nach einem festgelegten Muster auf der Haut angebracht werde. Die benötigten Ströme werden heute durch kleine batteriebetriebene Geräte generiert und sind je nach Art der Schmerzen nieder- oder hochfrequent. Die Anwendung unspezifischer elektrischer Ströme im Bereich der medizinischen Schmerzbehandlung lässt sich bis ins antike Griechenland zurückverfolgen. Im römischen Reich wurden elektrische Impulse zur Behandlung von Arthritis und Kopfschmerzen verwendet. Aus der Mitte des 19. Jahrhunderts stammen Berichte, über schmerzlose Zahnentfernungen unter elektrischer Stimulation. Erst in den letzten Jahrzehnten entwickelte sich die Anwendung von elektrischen Strömen zu einer anerkannten Behandlungsmethode, die vor allem der physikalischen Therapie zugeordnet wird. Der Einsatz im zahnmedizinischen Bereich beschränkte sich zuerst auf die Anwendung unspezifischer transkutaner (unter die Haut) elektrischer Reize bei chronischen Schmerzen und bei Verspannung der Kaumuskulatur. Erst in den 70er Jahren wurden klinisch kontrollierte Untersuchungen durchgeführt, die eine Milderung chronischer Gesichtsschmerzen verschiedener Ursachen mittels transkutaner elektrischer Nervenstimulation (TENS) belegen konnten. Nach diesem Erfolg lag der Schluss nahe, dass auch akute Schmerzen mittels TENS gelindert werden können. Je nach Art des zu behandelnden Schmerzes wurden verschiedene Theorien für den Wirkmechanismus von TENS diskutiert.
Der klinische Einsatz dieser im Mund angebrachten Elektroden schien zunächst durchaus Erfolg versprechend zu sein, wird jedoch aufgrund der fehlenden schmerzlösenden Wirkung noch immer kontrovers diskutiert. Erfahrungsberichte verschiedener Anwender stellten die Einsatzbereich von TENS, unabhängig von der Art der verwendeten Elektroden, lediglich für kleinere konserviernde, parodontologische und prothetische Maßnahmen.
Als Kontraindikation werden von den Herstellern der Geräte vor allem folgende Aspekte genannt.
Audioanalgesie
Unter Audioanalgesie versteht man die Beeinflussung der Schmerzempfindlichkeit durch Besetzung der Hörbahn (Weißenborn 1985). Obwohl mit dieser Methode keine eigentliche Schmerzbefreiung erreicht wird, hat sich dieser Begriff etabliert. Im deutschsprachigen Raum war es der Zahnarzt Herrmann 1965, der die Audioanalgesie in den 60er Jahren im Rahmen von kleineren Eingriffen, wie Füllungstherapie und Zahnsteinentfernung, einsetzte. Um den Effekt der Audioanalgesie zu untersuchen, ließ er seine Patienten zwischen leichter Tanzmusik und klassischer Musik auswählen. Er konnte zeigen, dass beide Musikrichtungen zu einer Verlängerung der Reaktionszeiten nach einem optischen Reiz führten und zog daraus den Schluss, dass die Audioanalgesie über eine Ablenkung wirken müsse. In der klinischen Anwendung zeigte sich, dass je nach Autor unterschiedlich große Erfolge mit diesem Verfahren erzielt wurden. Die Meinungen über die Effektivität dieser Methode und ihren Wirkmechanismus gingen weit auseinander. Bis heute besteht keine Einigkeit darüber, ob es sich bei der diskutieren Dämpfung der Schmerzempfindlichkeit unter Musik um einen Ablenkungseffekt von den Umgebungsgeräuschen der Zahnbehandlung, um einen Placeboeffekt, oder um eine Spielart von Hypnose oder Entspannung handelt. Zur unterstützenden Behandlung von ängstlichen Patienten kann die Begleitung der zahnärztlichen Behandlung durch Musik empfohlen werden. Ihr alleiniger Einsatz bei der Behandlung von Phobiepatienten ist jedoch abzulehnen, da nach eigenen Erfahrungen der Einsatz von Musik nicht ausreicht, um eine Behandlung in Lokalanästhesie als Alternative zur geforderten Allgemeinanästhesie zu ermöglichen.
Der Begriff Akupunktur entstammt dem lateinischen acus = Nadel und pungere = stechen, ist aber eine unvollständige Übersetzung der jahrtausendalten chinesischen Heilmethode Chen-Chui = Stechen und Brennen, wobei unter Brennen die Moxibustion verstanden wird (jap.: Moxa = brennendes Kraut; man versteht darunter die äußere Wärmeanwendung von brennendem Beifußkraut als Therapieverfahren). Bei der herkömmlichen manuellen Akupunkturbehandlung werden an genau festgelegten Hautpunkten Gold- und Silbernadeln bei funktionellen, reversiblen Erkrankungen oder Störungen zu diagnostischen und/oder therapeutischen, analgetischen Zwecken in die Haut gestochen. Manche Autoren beschreiben die Akupunktur als eine fast fünftausendjährige Erfahrungsheilkunde. Schriftstücke aus der Zeit des gelben Kaisers Huang-Ti (2697-2597 vor Chr.) sollen belegen, dass ihm in der chinesischen Überlieferung die Entdeckung der Akupunktur zugeschrieben wird. Die meisten Autoren gehen jedoch von einem Ursprung dieser Technik aus, der in der Zeit von 1000 v. Chr. - 100 v. Chr. fällt. Hier finden sich die ersten Angaben über einen therapeutischen Einsatz der Akupunktur und erste systematische Aufzeichnungen dieser Heilmethode innerhalb der chinesischen Medizin. Erst im 17. Jahrhundert berichtete in Europa ein Arzt über Akupunktur und deren Verwendung. Trotz erfolgreicher Fallberichte hat sich die Akupunktur in Europa aufgrund fehlender klinisch kontrollierter Studien bis heute nicht als Methode zur Betäubung durchsetzen können. Auch im Bereich der Zahnheilkunde sind bislang keine kontrollierten Studien zum erfolgversprechenden Einsatz der Akupunktur als Alternative zur örtlichen Betäubung durchgeführt worden. Es existieren eine Vielzahl von Veröffentlichungen, die vielversprechende Fallberichte abhandeln. Trotz der nachgewiesenen deutlichen Erhöhung der Empfindungsreizschwelle, die offensichtlich nicht nur auf einem Placeboeffekt beruht, wird die Akupunktur in der zahnärztlichen Routine keine Alternative zur Lokalanästhesie darstellen können.
Die Hypnose (aus dem Griechischen: Hypnos = Schlaf) in ihrer modernen Form lässt sich bis ins späte 18. Jahrhundert zurückverfolgen. Der in Wien geborene Arzt Anton Mesmer behandelte seine Patienten mittels praktischer Anwendungen seiner "Magnetismus-Therorie". Diese "Mesmer-Technik" als anerkannter Vorläufer der Hypnose sollte Ärzte in die Lage versetzen, das, bei Krankheit in Unordnung befindliche "magnetische Fluidum" ihrer Patienten durch wiederholtes Bestreichen der Haut wieder gleich auszurichten und so die Krankheit heilen. Diese Behandlung wurde durch Musik unterstützt und die Patienten befanden sich in einem Zustand zwischen "Wachen und Schlafen", dem sogenannten magnetischen Schlaf, der heute von den Anhängern der Hypnosetechnik als Vorläufer des hypnotischen Zustandes gesehen wird. Von Anfang an schien jedoch, neben der Kraft des Therapeuten, die Mitarbeit des zu magnetisierenden Patienten einen wichtigen Schlüssel zum Erfolg der Mesmer-Technik darzustellen. Aus dem frühen 19. Jahrhundert stammen Berichte vor allem von chirurgisch tätigen Ärzten, die von erfolgreichen Eingriffen unter nahezu vollständiger Schmerzausschaltung durch Hypnose berichteten. Diese Weiterentwicklung überrascht auf den ersten Blick, da eine königliche Untersuchungskommission, die mit der Beurteilung des Mesmerismus beauftragt war, zu dem Urteil kam, dass diese Methode zutiefst zweifelhaft sei. In den folgenden 200 Jahren wurde die Hypnose weniger zur Schmerzausschaltung als vielmehr zu Behandlung von psychisch auffälligen Patienten eingesetzt.
Mit der Einführung der klassischen Psychoanalyse Ende des 19. Jahrhunderts durch Freud, verlor auch bei diesem Indikationsspektrum die Hypnose ihrer Bedeutung. Erst Mitte des 20. Jahrhunderts erreicht die Hypnotherapie im Rahmen der Psychotherapie und die damit verbundene Gründung zahlreicher internationaler Fachgesellschaften einen vorläufigen Höhepunkt. Die Hypnotherapie wurde jedoch nicht primär zur Schmerzausschaltung, sondern für die Psychotherapie untersucht und eingesetzt.
Als Indikationsspektrum wurde von der American Society of Clinical Hypnosis folgende Indikationsliste angegeben, wobei der wissenschaftliche Nachweis der Wirksamkeit allerdings noch aussteht. Demnach kann Hypnose erfolgreich eingesetzt werden bei:
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die Hypnose ähnlich wie die Akupunktur, keine routinemäßige Alternative zur Lokalanästhesie in der Zahnmedizin darstellen kann. Die notwendige Ausbildung des Hypnotiseurs, die unterschiedliche Wirkung von Hypnotiseur zu Hypnotiseur und die unterschiedliche Empfänglichkeit der Patienten gegenüber einer Hypnose machen dieses Verfahren eher zu einer ergänzenden Therapie in der Zahnmedizin. In Bezug auf eine langfristige angstlösende Wirkung bei Zahnbehandlungsphobikern ist nach dem derzeitigen Untersuchungsstand der verhaltenstherapeutischen Kurztherapie der Vorzug zu geben. Es sollte gerade bei diesem Patientenkreis nicht vergessen werden, dass es gilt, die zu Grunde liegende Phobie zu heilen, damit auch in Zukunft eine zahnärztliche Versorgung durchgeführt werden kann. Die Hypnose im Sinne eines psychotherapeutischen Verfahrens bleibt bis heute den Nachweis durch klinisch kontrollierte Studien schuldig, dass eine Angsterkrankung mit ihr ähnlich gut heilbar ist, wie durch die Anwendung verhaltenstherapeutischer Verfahren, bzw. durch die neuen Kurzinterventionen. Dabei ist zunächst einmal unerheblich, worauf sich die Wirkung der Hypnose begründet. Weitere experimentelle und klinisch kontrollierte Studien sollten sich mit der Wirksamkeit der Hypnose im Rahmen der zahnärztlichen Schmerzausschaltung und der Behandlung von Angsterkrankungen beschäftigen, um die Hypnose bei entsprechender Indikationsstellung zwischen euphorischer Beschreibung als Allheilmittel und völliger Ablehnung richtig einordnen zu können. Gerade hier ist die Zusammenarbeit zwischen Praktikern und Wissenschaft gefragt, da viele Hochschulen die Hypnose zu Unrecht als Scharlatanerie ablehnen und viele Zahnärzte in Deutschland die Hypnose nach eigenen Aussagen erfolgreich betreiben.
Quelle:
Peter Jöhren, Gudrun Sartory: Zahnbehandlungsangst - Zahnbehandlungsphobie: Ätiologie, Diagnose, Therapie (Schlütersche, 2002)