Kiefergelenkbehandlung: Wenn der Biss nicht stimmt
Wann muss das Kiefergelenk behandelt werden?
Entstehung von funktionellen Kiefergelenkerkrankungen
Erkrankungen der Kiefergelenke können primär als Entzündungen auftreten, wie z.B. eine Arthritis. Sekundär entstehen Kiefergelenkerkrankungen durch Funktionsstörungen im Kausystem. Fehlfunktionen im Kausystem können Auslöser unterschiedlicher Schmerzen und Beschwerden an Kopf und Kiefergelenk aber auch Nacken, Schulter und Rücken sein. Man spricht von craniomandibulären Dysfunktionen-CMD. Die Kiefergelenkbehandlung erfolgt durch erfahrene CMD-Ärzte und CMD-Zahnärzte, die interdisziplinär mit Kieferorthopäden und anderen Therapeuten zusammenarbeiten.
Wie kommt es zur Erkrankung des Kiefergelenks?
Die paarigen Kiefergelenke, bestehend aus Unterkieferköpfchen, Knorpelscheibe und Gelenkgrube im Oberkiefer, sind ständig in Aktion: Kauen, abbeißen, lachen, gähnen. Ein eng vernetztes System aus Muskeln, Sehnen, Nerven sowie den beiden Kiefergelenkscheiben ermöglichen dabei komplexe dreidimensionale Bewegungsabläufe.
Im gesunden Kauapparat arbeiten die Zähne von Ober- und Unterkiefer, die Kaumuskulatur und die beiden Kiefergelenke harmonisch zusammen. Die Zähne greifen zahnradartig ineinander, jeder Zahn findet einen passenden Gegenspieler, die Zahnkontakte – man spricht von der Okklusion – sind gleichmäßig. Gleichzeitig sind die Muskeln entspannt und die Kiefergelenke befinden sich symmetrisch zueinander in physiologischer Position: Der Biss stimmt.
Ist die Harmonie im Kausystem jedoch gestört, stimmt der Biss also nicht mehr, kommt es zu Schmerzen und Beschwerden, die oft eine Kiefergelenkbehandlung erforderlich machen.
Die Ursachen für den „falschen Biss“ sind vielfältig: Zahnfehlstellungen, wie z.B. ein Kreuzbiss, Zahnlücken, Abnutzung der Zähne durch Bruxismus/Zähneknirschen aber auch schlechter Zahnersatz, nicht passende Zahnfüllungen oder unzureichende kieferorthopädische Maßnahmen können zu einer Fehlbelastung mit Kompression der Kiefergelenke und Verspannungen der Kau-, Gesichts- und Kopfmuskulatur führen.
Beim nächtlichen Pressen und Knirschen der Zähne wirken enorme unbewusste Kaukräfte auf die Kiefergelenke und können diese direkt schädigen.
Auch emotionaler Stress kann Muskelverspannungen im Kauapparat auslösen und damit die Kiefergelenke belasten. Genetische Faktoren spielen eine eher untergeordnete Rolle im Krankheitsgeschehen.
Wie erfolgt die Kiefergelenkbehandlung?
Nicht jede Fehlstellung von Zähnen und Kiefer bereitet Probleme und muss daher auch nicht behandelt werden. Sobald sich jedoch das Kiefergelenk in Dysfunktion befindet und die Kaumuskulatur sich nicht mehr an die Fehlbelastung anpassen bzw. diese nicht mehr kompensieren kann und so Kiefergelenkschmerzen, schmerzhaftes Kieferknacken, einseitige Kopf- oder Gesichtsschmerzen oder Tinnitus auftreten, muss eine Kiefergelenkbehandlung durchgeführt werden .
Im Mittelpunkt der Kiefergelenkbehandlung steht ein Schienentherapie-Konzept. Transparente Schienen aus Kunststoff bewirken zum einen eine Muskelrelaxierung sowie den Schutz der Zahnsubstanz, zum anderen eine Neupositionierung fehlbelasteter Kiefergelenke.
Der Schienentherapie voraus gehen eine klinische und instrumentelle Funktionsanalyse sowie die Herstellung von Gipsmodellen von Ober- und Unterkiefer des Patienten. Röntgenaufnahmen der Kiefergelenke können notwendig werden, um etwaige Schädigungen am Gelenk oder an der Gelenkscheibe (Diskus) zu erkennen.
Nach erfolgreicher Schienentherapie werden Maßnahmen zum dauerhaften Erhalt der neu erreichten Harmonisierung der Bisslage eingeleitet. Das kann die Korrektur eines störenden Frühkontakts sein, ein prothetischer Aufbau von abgekauter Zahnsubstanz oder auch eine kieferorthopädische Versorgung sein.
Als begleitende Behandlungsmaßnahmen sind außerdem Übungen zur Muskelentspannung und zum Stressabbau sowie Physiotherapie empfehlenswert.
Zahnärztliche Funktionstherapeuten beobachten in den letzten Jahren eine starke Zunahme von Kiefergelenkbeschwerden, was u.a. mit "billigem" Zahnersatz aus dem Ausland aber auch mangelhaftem, nicht funktionsgerechtem Zahnersatz aus Deutschland sowie kieferorthopädischen Überregulierungen, in Zusammenhang gebracht wird.
Die Kiefergelenkbehandlung erfordert viel Erfahrung und fachliche Spezialisierung bzw. sehr gute Kenntnisse über die komplexen Zusammenhänge und den Stellenwert von Okklusion und Kiefergelenkposition bei der Kiefergelenkbehandlung.
Kiefergelenkbeschwerden - Wer ist besonders betroffen?
Geringfügige Störungen bei der Funktion des Kauapparates beobachten Zahnärzte bei rund 80% aller Menschen, gleichgültig, ob sie jung oder alt sind. Die meisten Störungen sind geringgradig und können nur vom Fachmann wahrgenommen werden; sie haben keinen Krankheitswert. Nur rund 3-5% der Menschen haben Beschwerden, die so heftig sind, dass sie eine Kiefergelenkbehandlung beim Spezialisten benötigen. Betroffen sind meist junge Frauen (ca. 80 %) - (DGZMK).