Okklusale Rehabilitation: Den Biss wiederherstellen

Was versteht man unter einer okklusalen Rehabilitation?

Funktionelle und ästhetische Wiederherstellung der Kaufunktion

Der Kauapparat besteht aus den Zähnen, den beiden Kiefergelenken und der Kaumuskulatur. Wichtig für eine ungestörte Funktion des Kausystems ist die regelrechte Verzahnung von Ober- und Unterkiefer, die sog. Okklusion, bei gleichzeitig entspannter Kaumuskulatur und zentrischer Lage der Unterkieferköpfchen in den Kiefergelenkgruben.

Kommt es zu massiven Störungen dieser Parameter für eine physiologische Kaufunktion, etwa durch erheblichen Verlust an Zahnsubstanz, können Zahnärzte für Rekonstruktive Zahnmedizin das Kauflächenrelief mittels Zahnersatz funktionell und ästhetisch wieder herstellen. Man spricht dann von einer okklusalen Rehabilitation oder auch prothetischen Rehabilitation.

Welche Faktoren bestimmen die Kaufunktion?

Die Funktionen des Kauapparats beim Abbeißen, Kauen und Sprechen hängen vor allem von den biologisch festgelegten Merkmalen der Zähne wie Form, Länge und Kauflächengestaltung ab. Diese Geometrie der Zähne bestimmt wiederum die Geometrie der Kiefergelenke. Das zahnradartige Ineinandergreifen der Zähne, die Bewegungen der Kiefergelenke und die Aktivität der beteiligten Muskeln sowie die neuromuskuläre Koordination mit dem Zentralnervensystem sind somit harmonisch aufeinander abgestimmt.

Das eugnathe Gebiss: Die Zähne werden senkrecht belastet durch eine ideale Verzahnung.
Das eugnathe Gebiss:
Die Zähne werden senkrecht belastet durch eine ideale Verzahnung.
Bildquelle: ©GZFA
Protrusionsbewegung:  Ist das Vorschieben des Unterkiefers aus der Ruheposition.
Protrusionsbewegung:
Ist das Vorschieben des Unterkiefers aus der Ruheposition.
Bildquelle: ©GZFA


Wie kommt es zu Störungen der Kaufunktion?

Das Gebiss des Menschen unterliegt im Lauf des Lebens Abnutzungserscheinungen, ebenso wie andere Organsysteme auch. Bei den Zähnen ist davon besonders die Zahnhartsubstanz betroffen, die durch verschiedene Prozesse wie Abrasion, Bruxismus- Zähneknirschen oder Erosion geschädigt und abgebaut wird. Die Folge sind Änderungen von Form, Länge und Oberflächenstruktur der Zähne und Kauflächen. Mit fortschreitendem Abbau kann es durch diese Prozesse zu keilförmigen Defekten, Zahnfrakturen und einem Verlust der Bisshöhe von z.T. mehreren Millimetern kommen. Die Zähne gleichen sich in Form und Länge an, sie werden kürzer und die für die Bissführung entscheidende Front-Eckzahnbeziehung geht verloren. Die Kauflächen der Backenzähne verlieren die Höcker und Fissuren, die Kiefergelenke werden aus ihrer physiologischen Position verlagert, ein „falscher Biss“ entsteht.
 

Was sind die Folgen einer gestörten Kaufunktion?

Solchermaßen veränderte, abradierte Gebisse sind in erster Linie unästhetisch, können die Phonetik verändern und lassen älter wirken, sind jedoch nicht in jedem Fall behandlungsbedürftig. Denn bei sehr vielen Betroffenen passt sich das Kausystem mit Kiefergelenken und beteiligten Muskelgruppen an die sich allmählich verändernde Bisssituation an, ohne Beschwerdesymptome zu verursachen.

Kommt es jedoch aufgrund der gestörten Okklusion zu massiven Verspannungen der Kau- Kopf- und Gesichtsmuskulatur, zu Kiefergelenkproblemen und nachfolgenden neuromuskulär bedingten Schmerzen und Beschwerden, sog. CMD-Symptomen, sollten zahnärztliche Maßnahmen wie eine CMD-Funktionsdiagnostik eingeleitet werden.

Aber nicht nur Störungen der Okklusion führen zu schweren Muskelverspannungen und Kiefergelenkerkrankungen, man spricht von Myoarthropathie. Auch der Faktor Stress, besonders in der heutigen Leistungsgesellschaft, führt zur Verkrampfung entsprechender Muskelgruppen und gilt damit als Auslöser für CMD.

Oberstes Ziel einer zahnärztlichen Funktionstherapie ist es daher auch, zunächst eine Entspannung der Muskulatur zu bewirken, um die Beschwerdesymptome zu lindern bzw. zu heilen. Im Anschluss daran schließt sich die funktionelle und ästhetische Rehabilitation der Okklusion an, um den erreichten physiologischen Zustand des Kausystems langfristig zu stabilisieren.

Eckzahnführung links: Entlastung des rechten Kiefergelenks.
Eckzahnführung links: Entlastung des rechten Kiefergelenks.
Bildquelle: ©GZFA
Eckzahnführung rechts: Entlastung des linken Kiefergelenks.
Eckzahnführung rechts: Entlastung des linken Kiefergelenks.
Bildquelle: ©GZFA

 
Wann wird eine okklusale Rehabilitation notwendig?

Bei den wenigsten Menschen liegen ideale Okklusionskontakte aller Zähne vor. Dies ist auch in vielen Fällen kein Problem, denn durch Kompensation und Adaptation bleiben die Kaufunktionen weitgehend erhalten. Das stomatognathe System ist hier äußerst anpassungsfähig. Eine nicht harmonische Okklusion hat demnach nicht zwangsläufig eine negative Auswirkung auf die Kiefergelenke mit Beschwerdesymptomen.

Ist jedoch ein Abrasionsgebiss Auslöser von Beschwerdesymptomen wie Kiefergelenkschmerzen, einseitigen Kopfschmerzen, Migräne oder Tinnitus, wird eine okklusale Rehabilitation notwendig.
 

Wie erfolgt eine okklusale Rehabilitation?

Im Anschluss an eine klinische, manuelle und instrumentelle Funktionsanalyse können spezialisierte CMD-Zahnärzte eine Schienentherapie einleiten. Mit Hilfe einer diagnostischen Aufbissschiene (DROS®-Schiene) werden Ursache und Ausmaß der Okklusionsstörung ermittelt, die Kaumuskulatur entspannt und die zentrische Kiefergelenkposition erreicht.
Aus dieser stabilen, zentrischen Kiefergelenkposition heraus können nun Zahnarzt und Zahntechniker in enger Teamarbeit, Maßnahmen für eine okklusale Rehabilitation mittels unterschiedlicher Varianten von Zahnersatz planen und durchführen. Dazu gehören u.a. Kronen und Teilkronen, Inlays und Onlays sowie Veneers.

Bei Verlust von mehreren Millimetern Zahnhartsubstanz führt dagegen häufig nur eine komplette funktionelle Rekonstruktion (KFR) zur völligen Wiederherstellung der Kaufunktion. Dabei wird das Ausmaß des Wiederaufbaus der verloren gegangenen Bisshöhe über ein sog. Wax-up ermittelt. Auf Gipsmodellen von Ober- und Unterkiefer werden Form, Länge, Stellung und Kauflächenrelief der neuen Zähne vorab mittels Wachs aufgebaut und nach individuellen, funktionell-ästhetischen Kriterien vor der eigentlichen Umsetzung geplant.
 

Okklusale Rehabilitation des zahnlosen Ober- und Unterkiefers

Auch komplett zahnlose Kiefer mit maximalem Verlust der Bisshöhe können auf diese Art und Weise rehabilitiert werden. Dies erfolgt meist unter Einsatz unterschiedlicher Implantat-Konzepte. Beim all-on-4™-Konzept wird eine feste Zahnbrücke auf vier Zahnimplantaten fest verankert. Beim all-on-6/all-on-8-Konzept erfolgt die Rehabilitation mit Zahnersatz auf je sechs Implantaten im Unterkiefer und acht Implantaten im Oberkiefer.

Okklusale Rehabilitation des zahnlosen Unterkiefers mit dem All-on-4™-Behandlungskonzept.
Okklusale Rehabilitation des zahnlosen Unterkiefers mit dem All-on-4™-Behandlungskonzept.
Bildquelle: ©Nobel Biocare Services AG

 
Vor Durchführung einer okklusalen Rehabilitation sind eine umfassende Beratung und Aufklärung durch Zahnärztinnen und Zahnärzte in der Prothetik-Praxis sowie durch einen Zahnersatz-Berater empfehlenswert. Wichtig sind hierbei auch die Klärung der Zahnersatz-Kosten sowie eine mögliche Finanzierung über Zahnzusatzversicherungen.

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