Statt ursachengerechter Aufklärung beim Zahnersatz wieder nur neue Legenden

29. April 2013
Pressemeldung

Statt ursachengerechter Aufklärung beim Zahnersatz wieder nur neue Legenden


VDZI-Präsident Breuer mahnt in der Zahnersatzdebatte mehr Sachlichkeit an – Barmer GEK redet an den Ursachen vorbei

VDZI-Präsident Breuer mahnt in der Zahnersatzdebatte mehr Sachlichkeit an

VDZI-Präsident Breuer mahnt in der Zahnersatzdebatte mehr Sachlichkeit an

BERLIN/FRANKFURT AM MAIN, 25. APRIL 2013. „Zahnersatz wird teurer“, so lautet die Quintessenz der Pressemeldungen, medial lanciert von der Barmer GEK bei der Vorstellung ihres Zahnreports 2013. Eine hochinteressante Studie mit zahlreichen wichtigen Sachhinweisen wird jedoch leider von der Krankenkasse selbst entwertet, weil man beim Zahnersatz damit eine politische Absicht verfolgt: mehr Steuerungsmacht in die Hand der Krankenkassen bei kommenden Reformen.Dies veranlasst den Präsidenten des Verbandes Deutscher Zahntechniker-Innungen (VDZI), Zahntechnikermeister Uwe Breuer, zu einer ausführlichen Kommentierung aus der Sicht der zahntechnischen Meisterbetriebe:

„So interessant und wertvoll das Zahlenwerk der Barmer GEK im Einzelnen ist, so falsch ist ihre Verwendung zur Begründung der politischen Forderung beim Zahnersatz. Die Krankenkasse hat hier mit statistischem Geschick gearbeitet, um öffentliche Irreführung über die Ursachen der höheren Kostenanteile der Versicherten in politischer Absicht zu betreiben. Das hat die Studie nicht verdient. Eine Chance zu einer guten Interessenvertretung wurde zunächst vertan.

Das Ergebnis, wonach zahnärztliche Versorgungen mit Zahnersatz für den Patienten zu höheren Zuzahlungen geführt haben, ist so richtig wie falsch; hierfür hätte es für diese Aussage keiner umfangreichen Untersuchung bedurft. Die irreführende Ursachendarstellung soll die wahren Gründe verschleiern, für die die gesetzlichen Krankenkassen mitverantwortlich sind und mit denen sie seither viele Milliarden Euro Zuschüsse eingespart und damit als höhere Zuzahlungen ihren Versicherten zugemutet haben.

Ausgrenzungspolitik hat den Eigenanteil erhöht

Ich erinnere daran, dass es der Wille des Gesetzgebers war, befundorientiert eine
Regelversorgung bei Zahnersatz zu definieren, auf deren Basis ein Festzuschuss
berechnet werden sollte.

Daher ist die Frage zu stellen, ob die von gesetzlichen Krankenkassen und der
Zahnärzteschaft im zuständigen Gemeinsamen Bundesausschuss festgelegten Richtlinien, in denen die Regelversorgung bestimmt werden, die Versorgungsrealität fachlich und finanziell richtig abgebildet haben. Hier haben die Zahntechniker von Beginn an erhebliche Zweifel geäußert und in den beschlossenen Regelungen insbesondere eine einseitige Ausgrenzung vor allem zahntechnischer Leistungen gesehen. Man muss dabei wissen, dass mit den bereits im Vorgriff auf das Festzuschuss-System veränderten Richtlinien erhebliche Einschränkungen, beispielsweise bei den Verblendungsformen und bei der Anwendung bis dahin üblicher technischer Versorgungslösungen festgesetzt wurden, die dem Versicherten in den überwiegenden Fällen keine andere Wahl lassen, mehr als die Regelversorgung mit den entsprechenden Zuzahlungen in Anspruch zu nehmen, will er den sozialen Ansprüchen an einen modernen, ästhetisch und funktionell guten Zahnersatz genügen.

Dass etwa bei der Versorgung mit Kronen, wie der Bericht zeigt, die Versicherten in 80 Prozent aller Fälle nicht die Regelversorgung wählen, kann als Indiz für diese Ursachenvermutung und Verursacherzuweisung gewertet werden.  Weil diese Leistungen vom Zahnarzt zu den höheren Behandlungshonoraren nach der Gebührenordnung GOZ abzurechnen sind, hat sich der Eigenanteil für die Versicherten für den Anteil der mit Richtlinien ausgegrenzten Leistungen erhöht. Auch das war politisch gewollt und dieser Sachverhalt dürfte seit 2012 noch bedeutender geworden sein, da die Novellierung der zahnärztlichen Gebührenordnung die Bewertung der zahnärztlichen Behandlung etwa bei der oben angesprochenen Kronenversorgung um circa 30 Prozent erhöht hat.

Fazit

Der von der Barmer GEK beklagte Anstieg der Zuzahlung bis 2009 ist das kumulierte Ergebnis von gesetzlich verursachten Basiseffekten, die durch Leistungsausgrenzungen und Zuschussminderungen der Jahre 2004 und 2005 verursacht wurden. Darauf weist auch eine nähere Betrachtung der Kostenanteile hin. Rechnet man den einmaligen Basiseffekt des Umstellungsjahres 2005 heraus, indem man als Basisjahr 2006 wählt, so zeigt sich von 2006 bis 2009, also für einen Zeitraum von drei Jahren, nur insgesamt ein Anstieg von 2,8 %. Das ist das Gegenteil einer Teuerung, vielmehr deutet das eher auf einen erheblichen Preisdruck bei den beteiligten Leistungserbringern hin, wovon am Schluss zu sprechen sein wird.

Damit zeigt sich auch, dass die vermeintlich neue Wahlfreiheit des Versicherten oder das Abrechnungsverhalten der Zahnärzte für den Anstieg der Zuzahlung insgesamt eine völlig untergeordnete Rolle gespielt haben. Das ist leicht nachvollziehbar, da bereits vor dem Festzuschuss-System die Wahlfreiheit und in diesen Fällen die GOZ-Abrechnung umfänglich gegeben war. Die entscheidende Ursache, warum sich der durchschnittliche Eigenanteil bis 2009 erhöht hat, sind damit die Richtlinienentscheidungen des Gemeinsamen Bundesausschusses in den Jahren 2004 und 2005 in „Vorbereitung“ der Einführung des Festzuschuss-Systems. Niemand auf der Seite der gesetzlichen Krankenkassen muss daher über den „festgestellten“ Anstieg der Zuzahlungen der Versicherten im Bereich Zahnersatz klagen und so tun, als würde man die Gründe hierfür nicht kennen und sei dafür nicht mitverantwortlich. Die gesetzlichen Krankenkassen sind mit der Kostenüberwälzung auf die Versicherten vielmehr die größten „Einspar-Profiteure“ gewesen. Der gemeinsame Bundesausschuss ist gefordert Es wäre der richtige, weil ursachengerechte Ansatz der gesetzlichen Krankenkassen, sich aktiv im Gemeinsamen Bundesausschuss um eine Neubestimmung der Regelversorgungen ebenso zu bemühen, wie sich für eine Erhöhung der Festzuschüsse für ihre Versicherten zu engagieren.

Das aber lehnt die Barmer GEK ab, obwohl die GKV-Kassen mit der Ausgrenzungspolitik seit 2005 bis heute mehrere Milliarden Euro weniger Zuschuss für Zahnersatz an ihre Versicherten gezahlt und damit als höhere Zuzahlung auf ihre Versicherten überwälzt haben. Als vermeintliche Lösung dann in der Öffentlichkeit neue Vertragsstrukturen für die Krankenkassen zu fordern, ist keine sachgerechte Interessenvertretung für die Versicherten, sondern allein ein Streben nach Kassenmacht. Unerträgliche strukturelle Kollateralschäden Dennoch muss ich an dieser Stelle auf einen problematischen „Kollateralschaden“ dieser Ausgrenzungspolitik hinweisen, weil davon das Zahntechniker-Handwerk unmittelbar betroffen ist:

Auch wenn der oben dargestellte Anstieg der Zuzahlungen in den Jahren 2006 bis 2009, also für drei Jahre, als überraschend gering bezeichnet werden muss, kann nicht verschwiegen werden, dass sich dahinter auch massive Verteilungskonflikte mit bedenklichen Entwicklungen für die Zahntechniker verbergen.  Seit den Zuzahlungseffekten bei Einführung des Festzuschuss-Systems im Jahr 2005, versuchen viele Versicherte mit ihrem Zahnarzt auf billige Zahntechnik auszuweichen. Dabei geht ein mittlerweile beträchtlicher Teil der Zahnärzte diesen Weg mit, weil er sein eigenes, mit der GOZ potenziell höheres, zahnärztliches Honorar sichern will. Einige Kassen fördern dabei diese prekäre Entwicklung.

Damit werden die gesetzlich verursachten Zuzahlungsprobleme des Versicherten von weiten Teilen der Zahnärzte auf das zahntechnische Meisterlabor überwälzt, indem der Preisdruck auf die zahntechnischen Leistungen unerträglich verschärft wurde. Hinzu kommt eine unter Qualitätssicherungsaspekten bis 2005 nicht vorhandene „Risikobereitschaft“ von Teilen der Zahnärzte, sich Billigzahnersatz aus dem Ausland zu beschaffen. Beides hat viele Meisterbetriebe im Zahntechniker-Handwerk in ihrer Leistungsfähigkeit deutlich geschwächt. Zwischen diesen Mühlsteinen der Reduzierungswünsche von Zuzahlungen durch den Patienten und dem Ziel der Honorarsicherung des Zahnarztes werden die zahntechnischen Meisterbetriebe zunehmend existenziell bedroht. Eine leistungsgerechte und faire Zusammenarbeit vor Ort gerät damit immer mehr unter die Räder einer Hauptsache-Billig-Mentalität.

Der Bericht weist darauf hin, dass die Hälfte der Versorgungsfälle eilbedürftige
Wiederherstellungen oder Erweiterungen bereits getragenen Zahnersatzes sind.
Leistungsfähige zahntechnische Labore, die heute noch auch diese Patientenfälle
aufgrund ihrer Wohnortnähe schnell und flexibel optimal versorgen können, sind auch in Zukunft unverzichtbar.

Die falschen Anreize zu einer ausufernden Überwälzung der wirtschaftlichen Lasten auf die zahntechnischen Labore, wie sie durch eine Ausgrenzungspolitik entstanden sind, riskieren zunehmend die hierfür erforderlichen wohnortnahen Versorgungsstrukturen für die Bevölkerung in diesem Bereich. Dies gilt es durch faire und leistungsgerechte Rahmenbedingungen für Zahntechniker abzuwehren.“

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